Gedanken zu…Vorbildfunktion

Vorbildrolle? Beim rollen gern! - Foto: Anna Spindelndreier

Vorbildrolle? Beim rollen gern! – Foto: Anna Spindelndreier

In letzter Zeit werde ich öfter gefragt, wie es ist ein Vorbild zu sein und was es mir bedeutet. Jedes mal wenn ich diese Frage gestellt bekomme, mach ich mir meine Gedanken und eigentlich fällt die Antwort in der Kürze eines Interviews immer anders aus. Deswegen hier mal meine ausführlichen Gedanken dazu.

So ganz habe ich es wohl selbst noch nicht verstanden. Ich? Ein Vorbild? Wie ist das denn passiert? Eigentlich sehe ich mich immer noch lieber als den Rebellen, der einfach nur nicht das macht, was die Gesellschaft von einem erwartet. Denn nach meinem Unfall hieß es vor allem immer „Du kommst da nicht rein – das geht mit Rollstuhl nicht – da geht es nicht hoch“ und ich fühlte mich dadurch immer motiviert einen Weg zu suchen und dann zu sagen „DOCH!“. Dass ich damit einmal eine Vorbildrolle einnehmen sollte war mir nicht bewusst und heute ist das eigentlich immer noch so.

Blick nach vorn und ab gehts! - Foto: Anna Spindelndreier

Blick nach vorn und ab gehts! – Foto: Anna Spindelndreier

Natürlich weiß ich mittlerweile, dass jeder aktive und selbstständige Rollstuhlfahrer ein wichtiges Vorbild ist für Kinder im Rollstuhl oder auch für „Verunfallte“. Dennoch bin ich ja eigentlich immer noch „nur“ der Skater, der Rebell, der Unangepasste, der, der sich nicht sagen lässt wo er mit dem Rollstuhl rein, hoch oder runter kommt. Ich bin einfach ich und lass mich nicht in eine Rolle drängen. Doch genau das scheinen viele unter einer Vorbildfunktion zu verstehen. Ich muss nun der Heilige, sich immer adrett ausdrückende und zu jedem freundliche Rollstuhlfahrer sein. Aber auch ein Vorbild kann abseits seiner vorbildlichen Sachen einfach mal Mensch sein.

Gerade erst vor kurzem wurde ein Kommentar von mir gemeldet. Ich schrieb auf Englisch, weil war ja ein Video eines WCMX Kollegen aus den USA, dass sein Video „fucking awesome“ ist. In Deutsch hätte ich vielleicht geschrieben „geiler Scheiß“ oder „krasser Kack“. Das bin ich und wenn das schon reicht um diese Vorbildfunktion nicht mehr zu erfüllen, dann will ich das auch nicht sein. Natürlich kann man sich hier anders ausdrücken und natürlich soll man auch denken bevor man schreibt, aber ich werde nicht anfangen jedes mal zwei mal zu überlegen, sonder auch hier will ich einfach nur ich sein. Es gab eine längere Diskussion auf Englisch, in der es mich gewurmt hat, dass ich mich in Englisch eben nicht so gut und klar ausdrücken kann. Auch wurmt es mich jetzt, dass derjenige diesen Text hier gar nicht lesen wird, weil er ja gar kein Deutsch lesen kann. Schade eigentlich.

Kleine Erfolgserlebnisse in der Videoanalyse - Foto: Anna Spindelndreier

Kleine Erfolgserlebnisse in der Videoanalyse – Foto: Anna Spindelndreier

Aber zurück zu der oft gestellten Frage. Ja ich bin gerne Vorbild, wenn es darum geht ein posistives Beispiel für einen aktiven und selbständigen Rollstuhlfahrer zu sein. Ich bin auch gern Vorbild beim Sport, beim WCMX, meinetwegen auch beim Wheelsoccer oder anderen sportlichen Aktionen. Für Kinder, aber auch für alle anderen. Es gibt mir eine Menge, wenn Kinder sich durch mich motiviert fühlen, ihren Rollstuhl mehr zu nutzen und ihre Selbstständigkeit dadurch verbessern. Es ist toll, wenn „erworbene“ Querschnitte und andere „Frisch-Rollstuhlfahrer“ durch mich motiviert werden ihr „Schicksal“ zu überwinden oder aus ihrem „Loch“ herauskommen. Noch besser ist es, wenn ich es sogar schaffe ihnen zu vermitteln, dass es eben kein schlimmes Schicksal ist, sonder eine Chance. Eine Chance auf ein mobiles und selbstbestimmtes Leben. Das ist die Vorbildfunktion, die ich gern einnehme. Die, des lyrischen Wohltäters überlasse ich anderen, auch wenn ich wohl unterscheiden kann, wann und wo ich fucking scheißendreckarschmist sage und wo besser nicht.

Vorbild oder nicht, dass könnt ihr entscheiden. Am Ende bin ich einfach ich und das will ich bleiben. Verändert hab ich mich schon genug, denn vor wenigen Jahren hätte ich noch gesagt: Ick bin ick und dit bleibt so! Heute muss ich schon einen Berliner/Brandenburger gegenüber haben, dass mir mein so geliebter Dialekt noch automatisch über die Lippen kommt. Aber das ist ein anderes Thema.

In diesem Sinne, einen verkackt schönen Tag euch noch!

 

 

2 Kommentare

  1. Hi!
    Ich wohne in einem englischsprachigen Land und finde es manchmal frustrierend, keine gut passende englische Version für ‚geil‘ auftreiben zu können…
    Zwar gibt es einige geile Begriffe (‚fully sick‘ – kommt schon wieder aus der Mode; oder ‚deadly‘ – passt nur wirklich in der richtigen Szene) – aber einfach nur ‚awesome‘ doesn’t really cut it out for us Germans 😉
    Allet Jute für Twentysixteen

    1. datlebbe sagt:

      wenn selbst übergesiedelte keine passenden Worte finden, beruhigt mich das schon fast wieder 😀 auch allet jute jewünscht!

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