Motörhead in der Sporthölle Alsterdörf

Lemmy ist Gott und unsterblich ist er sowieso. Dass er lebendiger ist, als noch vor einem Jahr, wollte er uns in Hamburg beweisen. Doch eins nach dem anderen. Erstmal mussten wir ja diese Halle finden, Sporthalle Hamburg. Sporthalle? Gibt es davon nicht mehrere in einer Stadt wie Hamburg? Oder ist es DIE Sporthalle? Gemeint ist die Alsterdorfer Sporthalle, mit 8000 Zuschauern an diesem Tag ausverkauft und auch Rollifahrer waren zahlreich dort um die Rock’n’Roll Predigt von Gott persönlich entgegen zu nehmen.

Eine Halle wo 8000 Leute rein passen, sollte wohl gute Rolliplätze haben. Bei solchen Konzerten ist es manchmal besser einen Platz mit guter Sicht zu haben, als mittendrin zu sein. Wo es die Rollstuhlplätze gab, wurde uns auch direkt nach dem Einlass mitgeteilt, aber wo das Klo ist, wusste keiner: „Unten, aber wie ihr dahin kommt weiß ich nicht.“ Also suchten wir, nach einigen Rollisymbolen,die uns in Sackgassen führten, fanden wir dann auch einen Fahrstuhl und somit auch einen Weg zum Klo. Welches sogar ein Euroschlüssel Schloss hatte…allerdings funktionierte es nicht. Immerhin konnte man von drinnen abschließen, ist ja schon mal viel Wert.

So nun aber wieder nach oben und besagte Rollstuhlplätze suchen. Diese fanden wir dann sehr schnell. Ein Security Mitarbeiter bewachte die Tür und ließ  uns rein, doch das erste was man sah war eine schwarze Wand. Es hing ein riesiger Vorhang dort, der den direkten Blick auf die Bühne verhinderte, zumindest im ersten Moment, denn links und rechts davon konnte man sich zusammen quetschen und vorbei schauen. Der Vorhang soll das Echo minimieren, was sonst von der Hallenwand kommen würde. Ok, aber wenn das so ist, warum dann keine aufgebaute Rollitribüne im Innenraum? Tja, weil Rollstuhlfahrer Innenraumverbot haben. Eine dieser nervigen Brandschutzbestimmungen auf die man immer mal wieder stößt. Eigentlich ist dieser „Balkon“ ja auch gar nicht so schlecht, denn man hat eine schöne Übersicht über alles, aber wenn man kein Fernglas hat, dann sieht man auch nicht allzu gut. Der Sound war ok, aber wenn es nur um den Sound geht, kann ich mir zuhause auch ne Platte auflegen.

Damn

Damn

Nun ja wir blieben erstmal oben und dann fing auch schon The Damned an. Ich hatte mich auch auf diese hochkarätigen Aufheizer gefreut, aber irgendwie war die Stimmung gestört, denn man musste ständig Platz machen, weil noch ein Rollifahrer kam. Man musste enger zusammen rutschen, dann wollte wieder einer raus und da man nur aneinander vorbei kam, wenn man sich 90° drehte, war das auch immer mit Gruppenaktionen verbunden. So lernt man wenigstens seine Nachbarn kennen, könnte man sagen, aber man könnte sich auch fragen, wo da der Fluchtweg bleibt. Da heißt es man darf nicht in den super großen, viel Platz bietenden Innenraum, aber dort, wo man eventuell nicht mehr wegkommt, weil z.B. ein E-Rolli nen Motorschaden hat, da darf man hin. Komische Logik und mit Inklusion hat das ja nun auch nicht viel zu tun. Es ist eher ein in die Ecke stellen. Aber nun wollte man ja nicht die ganze Zeit Trübsal blasen, sondern eine Rock’n’Roll Show genießen.

Platzmangel

Platzmangel

The Damned spielten einen Hit nach dem anderen und ich weiß nicht ob es am Bierkonsum lag oder an der Setlist, aber mit jedem Song stieg auch meine Laune wieder und ich fand mich spätestens beim letzten Song in bester Rock’n’Roll Laune wieder. Smash it up war somit der richtige Song um Motörhead einzuleiten. Die Umbaupause dauerte leider etwas länger und so musste man sich erstmal anders bei Laune halten. Wir beobachteten Leute im Innenraum, die auf einer Kotzlache ausrutschten, überlegten ob man von hier oben Stagediven könnte oder Pipibeutel Weitwurf spielen solle.  Außer dem Beobachten haben wir natürlich nix gemacht, aber die Zeit totgeschlagen bis es endlich los ging.

Das Licht ging aus und der Saal wurde laut. Motörhead kamen auf die Bühne und Lemmy begrüßte uns auf Deutsch: „Guten Abend“ bevor es zu der üblichen legendären Einleitung kam: „we are Motörhead and we play Rock’nRoll!“ Dann legten Sie los, sofort war klar: Lemmy ist wieder fit! Also wurde los gerockt und die Show von oben genossen. Nach fünf Songs brauchte der alte Herr dann aber doch ne Pause und ließ erstmal ein Gitarrensolo schmettern um sich etwas auszuruhen, kam dann aber wieder wie ausgewechselt zurück auf die Bühne um die nächsten Hits zu schmettern.

Motörhea...

Motörhea…

Dr. Rock sollte dann wohl die Masse zum Kochen bringen und allein die Ankündigung schaffte das auch, dennoch war Lemmy wohl etwas außer Puste und so wurde das Drum Solo etwas eher eingeläutet. Danach ging es aber weiter mit Dr. Rock und ich war eigentlich nicht mehr zu halten, doch hatte ich ja da oben keinen Platz. Ich wollte es versuchen, das Verbot durchbrechen und mich durch die Massen kämpfen. Da ich eh auf Klo musste, fuhr ich also mit dem Fahrstuhl, ließ das Bier ab und rechtzeitig zu Ace of Spades rollte in den Innenraum. Es war auch niemand da, der mich davon abhalten wollte. Also kämpfte ich mich durch die Massen. Da man bei Motörhead Lautstärke natürlich keinen fragen kann, ob er einen durchlässt, schob ich einfach alle zur Seite. So ein bisschen war das wie Brustschwimmen, nur nicht in Wasser, sondern in Schweiß.  Es war anstrengend, war doch so mancher Koloss im Weg. Dann auch noch ein Ellbogen im Gesicht hier und da und schon war auch das Pogogefühl wieder da. Mit Blutgeschmack und einmal kurz Luft holen ging es weiter nach vorn und ich war etwas überrascht, als ich die Bühne sehen konnte. Das ging schneller als erwartet.

ich fragte die Leute um mich rum, ob sie mich hochheben könnten, aber wie gesagt, bei Motörhead Lautstärke kein leichtes Unterfangen. Also weiter nach vorn und mit viel Gestikulieren nochmal probiert. Beim dritten Versuch verstand mich dann auch einer und animierte die Leute drum herum mit anzupacken. Ich machte meine Bremsen fest und schon ging es nach oben. Innenraumverbot? Pah! Ich blieb eine kleine Weile an einer Stelle bis die Menge mich nach vorne getragen hat. Für ein paar Sekunden blieb ich auch aufrecht und konnte von oben gut auf die Bühne schauen, Lemmy in die Augen sehen. Das war es doch was ich wollte, Gott in die Augen schauen! Sehen wie er seinen Bass bearbeitet! That’s  the way I like it baby, I don’t wanna live forever!!!!

mittendrin...

mittendrin…

Dann war der Spaß aber auch recht schnell vorbei. Vorne angekommen, holten mich die Securites runter in den Graben. Ich war happy und fühlte mich gut. Nicht konnte mich nun mehr ärgern. So auch nicht, dass ich hörte, wie einer der Securities fragte, wie ich hierhin gekommen sei. Ich schrie in seine Richtung: „Na selbst!“ Hat er wahrscheinlich nicht verstanden, aber er begleitete mich an die Seite, wo er mich dann auch nochmal ansprach: „Wie bist du hierher gekommen?“ und ich sagte wieder, dass ich das wohl selber geschafft hab. Er wies mich darauf hin, dass das nicht erlaubt sei und Rollifahrer „da oben“ stehen müssten. Ich entgegnete, dass ich selbst entscheide, wo und wie ich ein Konzert erleben möchte und der Platz da oben scheiße sei. Viel konkreter konnte man es bei der Lautstärke auch nicht ausführen, für eine ordentliche Diskussion war es einfach zu laut und außerdem wollte ich eh die Zugabe „Overkill“ hören. Dennoch sagte er mir, dass eine städtische Bestimmung mir verbieten würde in den Innenraum zu kommen. Ich sagte, dass dies eine Rock’n’Roll Show ist und ich auf einer Rock’n’Roll Show darauf scheiße was die Stadt sagt und hier auch mache what the fuck I want!

Am Ende war es das beste Motörhead Konzert, dass ich erlebt habe. Denn auch die vergangenen zwei male versauerte ich auf Rollstuhltribünen mit schlechter Sicht, schlechtem Sound und kam nicht in Stimmung. Dieses mal ließ ich es nicht soweit kommen, schließlich war das Ticket ein Geburtstagsgeschenk. Und wenn mein Baby mir ein Besuch bei Gott schenkt, dann muss das auch fucking great werden und da lass ich mich nicht von irgendwelchen Bestimmungen aufhalten! /David

PS: Wer Fotos findet, unbedingt posten, schicken, zeigen… wieder mal gibt es sonst leider keine Beweise und ihr müsst mir ohne Bilder glauben 😉

Nachtrag: Am Ende dieses wackligen Videos sieht man mich kurz, allerdings auch schon am Ende meiner Surf Performance 🙂 http://youtu.be/Eb7D7Hsrn5c


Nachtrag II 30.12.2015:

Ich habe darüber nachgedacht Lemmy einen Blogbeitrag zu widmen… aber ich will nicht über seinen Tod schreiben. Lieber erinnere mich zurück mit diesem Blogbeitrag, den ich geschrieben habe als Motörhead letztes Jahr nach Hamburg geladen hatte. Lemmy ist und bleibt unsterblich und trotzdem wird er vermisst, schon jetzt!

 

http://www.instagram.com/p/_4qWF3gp38

 

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